IR 4/99

Europa

Deutschland

· (2760) Ibach. Die Weltuntergangssekte Fiat Lux ist bei den baden-württembergischen Kommunalwahlen in den Gemeinderat von Ibach eingezogen. Das Mandat erhielt der Ehemann der Sektenchefin "Uriella", Eberhard Bertschinger-Eicke. Zuvor hatte der als Spitzenkandidat angetretene Gatte der Ordensführerin erklärt, im Ibacher Gemeinderat solle künftig ein frischer Wind wehen und mehr Göttlichkeit herrschen. "Uriella" wolle sich im Auftrag Gottes für Natur- und Tierschutz und soziale Fragen einsetzen, sagte Bertschinger, der den religiösen Namen "Icordo" trägt. Auf Landes- oder gar Bundesebene werde sich Fiat Lux nicht engagieren; die Sektenstrukturen seien nur für den Kommunalbereich geeignet.

Die umstrittene Sekte war bei der Kommunalwahl im Herbst mit einer eigenen Liste in dem kleinen Schwarzwalddorf angetreten. Ihr Einzug in den Gemeinderat galt als sicher, denn der Gruppierung gehören nach deren Angaben 33 der 304 Wahlberechtigten in dem Ort an. Somit sind mehr als zehn Prozent der Wählerschaft Ordensanhänger. Bisher stellte die CDU alle acht Gemeinderäte.

Die Sektengründerin "Uriella" sah sich in den letzten Jahren oft schweren Vorwürfen ausgesetzt. So wurde sie im Dezember 1998 zu einem Jahr und zehn Monaten Haft auf Bewährung und 100 000 Mark Strafe wegen Steuerhinterziehung verurteilt. Sie hatte Ordensmitglieder veranlasst, unverzollt pflanzliche Arzneien von der Schweiz nach Deutschland zu schaffen und dann damit einen lebhaften Handel zu betreiben. (Aol-NewsBote, 18.9.99; Lycos, 23.9.99; Stern 44/99)

Anm. MIZ: In Insiderkreisen ist man über das kommunalpolitische Engagement von Fiat Lux nun doch ein wenig erstaunt. Denn - so lautet die berechtigte Frage: Wird sich das überhaupt noch lohnen? Immerhin hatte Uriella ihr mangelndes Interesse an Steuerzahlungen vor nicht allzu langer Zeit damit begründet, dass all das Reden über Steuern und Finanzen angesichts des drohenden Weltuntergangs bedeutungslos sei. Aber vielleicht ist Uriella ja aus entstandenem Schaden klug geworden. Ihr Ehemann jedenfalls sorgte in der Öffentlichkeit unlängst für die Berichtigung einer anderen, berühmt-berüchtigten Uriella-Prophezeiung: Niemals habe Fiat Lux behauptet, dass am Südpol Ufos bereitstehen, um Anhänger der Sekte vor dem drohenden Weltuntergang zu retten. Diese Vorstellung sei völlig irrig, so Bertschinger, schließlich sollte doch eigentlich jeder wissen, dass sich in der Antarktis nur Ufos befänden, die die Nazis dort geparkt hätten... Da staunt der Fachmann und wundert sich der Laie.

· (2761) Bonn. Staat und Kirchen suchen nach Möglichkeiten, wie die durch geplante staatliche Steuerreformen zu erwartenden starken Einbußen beim Kirchensteueraufkommen aufgefangen werden können. Erstmals beriet Mitte Juli eine Arbeitsgruppe von Kirchen, Bund und Ländern über dieses Thema. Die Kirchensteuer ist direkt an die Lohn- bzw. Einkommenssteuer gekoppelt. Dem Kirchenmitglied werden je nach Bundesland acht oder neun Prozent als Kirchensteuer abgezogen. Steuerentlastungen, wie sie die Bundesregierung beabsichtigt, schlagen sich automatisch negativ nieder. Die Verluste werden nach neuesten Berechnungen jedoch nicht so dramatisch sein wie bisher angenommen. Das Bundesfinanzministerium schätzt, dass sich das jährliche Minus durch das Steuerentlastungsgesetz auf etwa 1,5 Milliarden Mark vom Jahr 2002 an belaufen wird; für 2000 und 2001 sei mit Mindereinnahmen von 373 und 249 Millionen Mark zu rechnen. Zuletzt nahmen die beiden Kirchen 16,2 Milliarden Mark Kirchensteuern pro Jahr ein (evangelisch: 7,8 Milliarden, katholisch: 8,4 Milliarden).

In der Politik gibt es immer mehr Stimmen gegen eine Umstellung der Bemessungsgrundlage auf das Bruttoeinkommen, die von den Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz und Hessen, Kurt Beck (SPD) und Roland Koch (CDU), ins Gespräch gebracht worden war. Der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Rainer Brüderle, räumte ein, dass dieses Berechnungsmodell zwar zu mehr Kirchensteuerzahlern führe, aber auch zu erheblich höheren Kirchensteuern. Dann müssten Familien einen Teil der Kindergelderhöhung sofort an die Kirchen abführen. Das könne nicht gewollt sein. Für "unsinnig" hält auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Peter Weiß (Emmendingen) eine Bemessung der Kirchensteuer am Bruttoeinkommen. Erstens müsse auch bei der Kirchensteuer die Leistungsfähigkeit des Einzelnen als Maßstab bleiben, und zweitens bedeute eine solche Umstellung einen "riesigen Verwaltungsaufwand". Da die Kirchen aber Dienste für die Gesellschaft erbrächten, die der Staat so billig und effektiv nicht leisten könne, müsse er sie hier stärker unterstützen. (idea, 29.7.99). Bundesfinanzminister Hans Eichel forderte, dass die Bundesländer für einen finanziellen Ausgleich für den zu erwartenden Kirchensteuer-Ausfall sorgen sollten. Der Bund könne das Problem des Rückgangs der Kirchensteuern nicht lösen. Die direkten Beziehungen zu den Kirchen hätten die Länder, erklärte Eichel. Beide sollten in Verhandlungen sicherstellen, dass die Kirchen ihre sozialen Aufgaben weiterhin erfüllen können. (Radio Vatikan, 25.-27.7.99)

Anm. MIZ: Besser Informierte wissen, dass die kirchliche Sozialarbeit erstens kaum etwas mit der Kirchensteuer zu tun hat (auch nach kircheneigenen Angaben werden weniger als 10 Prozent der Kirchensteuer für allgemeine soziale Aufgaben ausgegeben), und zweitens so effektiv und billig nicht ist. Außerdem nimmt der Staat dabei in Kauf, dass die kirchlichen MitarbeiterInnen in ihren verfassungsmäßig garantierten Rechten beschnitten werden.

· (2762) Hannover. Mit einer Notsynode haben konservative evangelische Kreise Anfang September die Amtseinsetzung der zukünftigen evangelischen Landesbischöfin von Hannover, Margot Kässmann, boykottiert. Die Wahl einer Frau in das höchste Amt der zweitgrössten deutschen evangelischen Landeskirche habe nach Meinung der Gruppe "das Fass zum Überlaufen gebracht". Die Kirche schweige nicht nur zur Ermordung der Ungeborenen, sondern es gebe auch Bestrebungen zur Segnung homosexueller Paare, erklärte der niedersächsische Unternehmer Rudi Weinmann. Letztes Ärgernis sei nun die Wahl einer Frau ins Bischofsamt. Weimann wörtlich: "Das ist unbiblisch. Jesus Christus erkennt die Bischöfin nicht an. Das Bischofsamt in Hannover ist verwaist." (Reformierte Presse, 11.8.99)

· (2763) Gräfelfing. Kirchgänger leben länger! Zumindest ergab das eine US-Untersuchung von 4000 Senioren, über deren Ergebnisse die in Gräfelfing bei München erscheinende Fachzeitschrift "Ärztliche Praxis" in ihrer August-Ausgabe berichtete.

Für betagte Bürger, die regelmäßig einen Messe besuchten, war das Sterbe-Risiko demzufolge nur etwa halb so hoch wie bei ihren weniger gläubigen Altersgenossen. Wer oft in die Kirche gehe, trüge damit genauso viel zur Lebenserhaltung bei wie durch den Verzicht auf das Rauchen, unterstrich der Studienleiter vom Duke University Medical Center in New York, Harold Koenig unter Berufung auf die sechs Jahren dauernde Untersuchung. Für die lebensverlängernde Wirkung der Kirchentreue können laut Koenig mehrere Faktoren verantwortlich sein: So seien kirchlich aktive Menschen sozial besser abgesichert und erhielten etwa im Krankheitsfall schneller Unterstützung. Zudem seien Kirchgänger geselliger, seltener depressiv und könnten mit außergewöhnlichen Belastungen besser umgehen; ihre positivere Lebenseinstellung reduziere Stress und erhalte die Gesundheit, glaubt Koenig. Zudem konsumierten Kirchgänger seltener Alkohol und Zigaretten.

Sechs Jahre lang haben die Forscher die Lebens- und Ernährungsgewohnheiten von 4000 Senioren beobachtet. In diesem Zeitraum starben 1177 der untersuchten Menschen; 22,9 Prozent waren häufige und 37,4 Prozent seltene Kirchgänger. Selbst unter Berücksichtigung von Krankheiten und gesundheitsbewusstem Verhalten bleibt der Studie zufolge immer noch ein 28 Prozent niedrigeres Risiko für die regelmäßigen Kirchgänger. (Aol-NewsBote, 10.8.99)

Anm. MIZ: Trau keiner Statistik, es sei denn, du hast sie selbst gefälscht! Der Grundfehler vieler Untersuchungen zum Thema Gesundheit von Christen und Nichtchristen besteht darin, dass konsequent nichtreligiös denkende Menschen nicht berücksichtigt werden. Korrigiert man diesen Grundfehler im Forschungsdesign, gelangt man zu völlig anderen Ergebnissen (vgl. den Beitrag von Uhmann/Nohe/Buggle in MIZ 4/98).

 

· (2764) Mainz. Der Stadtverband Wiesbaden des katholischen Sozialverbandes Caritas hat von einer kommerziellen "Drückerkolonne" Spenden und Mitglieder werben lassen. Dies berichtete das ARD-Fernseh-Magazins "Report" Ende August. Nach seinen Angaben gingen bei der mehrwöchigen Spendensammelaktion bis zu 80 Prozent des Aufkommens an die damit beauftragte Firma "Fund-Raising Österreich" in Wien. Die auf der Straße oder auch an Haustüren geworbenen Spender seien über die Herkunft der Sammler nicht informiert gewesen. Die Werber - österreichische Studenten - hätten Caritas-T-Shirts getragen und ihren kommerziellen Status verschwiegen. Der Präsident des Deutschen Caritasverbandes, Hellmut Puschmann, habe gegenüber "Report" erklärt, insgesamt gebe es gegenüber "solchen Methoden eine große Zurückhaltung". Dagegen habe der Wiesbadener Caritas-Vorsitzende, Ernst-Ewald Roth, von einer "vorbildlichen" Aktion gesprochen. Da die Caritas finanziell unter Druck stünde, benötige sie neue Geldquellen. (Frankfurter Neue Presse, 31.8.99)

 

· (2765) Giengen. Der weltweit populärste Fernsehgottesdienst, die "Hour of Power" (Stunde der Kraft) soll in Deutschland mehr Zuschauer erhalten. Dafür setzt sich ein Verein unter Vorsitz des württembergischen Unternehmers Jörg Knoblauch ein. Glaubt man den Angaben des Vorsitzenden, sehen rund 30 Millionen weltweit jeden Sonntag den Gottesdienst des reformierten Pfarrers Robert Schuller. In Deutschland und der Schweiz sind die in der "Glaskathedrale" in Garden Grove (Kalifornien) aufgenommenen Gottesdienste bisher nur über internationale Programme zu empfangen, wobei CNBC die Sendung mit deutschen Untertiteln versieht. Der Verein möchte der Messe des Geistlichen nun einen Sendeplatz bei einem deutschen Privatsender verschaffen. Zur Finanzierung müsse allerdings eine halbe bis eine Million Mark Spenden jährlich aufgebracht werden. Zum Vorstand des deutschen Vereins gehören auch der Aufsichtsratsvorsitzende der Verlagsgruppe Rentrop, Norman Rentrop (Bonn), und der evangelikale Verleger Klaus Gerth (Asslar bei Wetzlar). (idea-spektrum, 24.8.99)

 

· (2766) Achsheim. Auf handfeste Weise hat ein 60-jähriges Mitglied der örtlichen Kirchenverwaltung in Achsheim bei Augsburg einen jahrelangen Streit um die Sanierung eines denkmalgeschützten Pfarrhofs beendet. Er zerstörte das historische Objekt so gründlich, dass es noch am gleichen Tag vollends abgerissen werden musste. Während sich die Denkmalschützer und der Heimatverein empörten, zeigte sich der Großteil der Kirchenverantwortlichen erleichtert, weil sich die Diözese, die das Objekt vergeblich zum Verkauf angeboten hatte, damit eigene Sanierungskosten sparte, die trotz Staatszuschüssen und privaten Spenden angefallen wären. Selbst der örtliche CSU-Landtagsabgeordnete kritisierte diesen Akt von Selbstjustiz, weil damit im Stile der Autonomen gegen geltendes Recht verstoßen wurde. Der Pfarrer des Dorfes, selbst ein Befürworter des Abrisses, distanzierte sich vor der Presse zwar von der Art und Weise des Vorgehens, äußerte aber auch Verständnis und bot dem Kirchenfunktionär "seelsorgerische Hilfe und Beistand an". Die Diözese Augsburg hatte sich ganz herausgehalten und entgegen ihrer sonstigen Praxis keinen Kommentar abgegeben. Umweltgruppen und Denkmalschützer äußerten die Vermutung, dass die Straftat mit augenzwinkernder Billigung durch den Klerus begangen wurde. Dafür war die Staatsanwaltschaft um so aktiver. Sie nahm den Täter zunächst wegen Sachbeschädigung und Personengefährdung in Haft, ließ ihn dann aber gegen 20.000 DM Kaution wieder frei. (Augsburger Allgemeine, 10./11.6. 99)

· (2767) Berlin. Die Berliner Schulverwaltung plant die Einführung einer "islamischen Religiösen Unterweisung" ab dem 1. Februar 2000. Das sagte Staatssekretär Klaus Löhe in Berlin. In einer Erprobungsphase von drei Jahren werden sich elf Schulen mit einem besonders hohen Anteil muslimischer Schüler daran beteiligen. Über den Unterricht, den Löhe ausdrücklich nicht als Religionsunterricht verstanden wissen will, habe man sich auch mit den türkischen Behörden abgestimmt. So sei er Thema einer alle drei Jahre stattfindenden Tagung einer deutsch-türkischen Schulexpertenkommission gewesen.

Der Senat und die Türkei haben ein Interesse daran, eine Alternative zu bestehenden Koran-Schulen zu schaffen, wo "man ja nicht so genau sieht, was da passiert". Koran-Schulen sind jetzt noch die einzige Möglichkeit für die 27 000 türkischen Schüler in Berlin, etwas über den Islam zu erfahren. Der Islamkunde-Unterricht soll dagegen "bekenntnisfrei" über islamische Kultur informieren. Die CDU und der SPD-Landeschef Peter Strieder hatten sich gegen einen Islamunterricht ausgesprochen. (Berliner Morgenpost, 6.10.99)

· (2768) Fulda/Berlin. Die große Mehrheit der deutschen Bischöfe wird ihren jahrelangen Widerstand gegen den Papst aufgeben und aus der gesetzlichen Konfliktberatung für Schwangere aussteigen. Dies teilte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Karl Lehmann, in Fulda mit. Die Kirche wolle die Konfliktberatung zwar in vollem Umfang fortsetzen, aber "selbstverständlich ohne Schein", sagte Lehmann. Von sofort an entscheide jeder Bischof für sein Bistum, wie lange noch Beratungsscheine ausgegeben werden.

Nach deutschem Abtreibungsrecht bleiben Schwangerschaftsabbrüche in den ersten zwölf Wochen nur dann straffrei, wenn die Frau sich zuvor in einer staatlich anerkannten Stelle hat beraten lassen und dies schriftlich nachweisen kann. Der Vatikan ist der Ansicht, die Ausgabe von Beratungsscheinen "verdunkle das Zeugnis der Kirche für das Leben".

In Berlin soll es vorerst keine Einschränkungen bei der Konfliktberatung geben. Die vier Caritas-Beratungsstellen und jene des katholischen Sozialdienstes könnten zunächst wie gewohnt weitermachen, sagte Erzbistumssprecher Andreas Herzig. Auch die Bischöfe von Hamburg, Limburg, Magdeburg, Erfurt und Osnabrück kündigten an, erneut mit dem Papst reden zu wollen. Dagegen wollen die Bischöfe von Eichstätt und Bamberg so schnell wie möglich aussteigen. (Berlin Online, 11.10.99) Das Bistum Speyer wird bereits mit Wirkung zum 1. Januar 2000 keine Beratungsscheine mehr ausstellen. (Radio Vatikan, 15.-18.10.99) Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken gründete den Verein "Donum Vitae". Er soll nach dem Ausstieg der Amtskirche die Konfliktberatung weiterführen. Konkrete Strukturen für die Beratung wollen die Laien bis November vorlegen. Die Bischöfe nahmen die Initiative lediglich zur Kenntnis. Bei der einwöchigen Vollversammlung in Fulda sei keine Zeit gewesen, das Vorhaben genauer zu beurteilen, sagte Lehmann. Bisher werden die rund 270 katholischen Beratungsstellen von der Caritas und dem Sozialdienst katholischer Frauen getragen. (Berlin Online, 11.10.99)

Anm. MIZ: Gegenwärtig entsteht eine gesellschaftliche Situation, in der konservative Kräfte in der katholischen Kirche ungewollt ein Ziel befördern, das dem laizistischen Ideal einer strikten Trennung von Staat und Kirche entgegenkommt. So sehr die Klarheit der päpstlichen Anweisung auch zu begrüßen ist (angesichts der wortreichen Doppelzüngigkeit deutscher Bischöfe), die päpstliche Einmischung in das deutsche Abtreibungsrecht zeigt einmal mehr, dass die römisch-katholische Kirche ein autoritär-zentralistisch geführtes, nach patriarchalen Grundsätzen agierendes Gebilde ist, in dem demokratische Prinzipien keine Rolle spielen.

· (2769) Trier. Der Manager der Trierer Caritas, Hans Joachim Doerfert, wurde im September wegen Betrugs verhaftet. Gegen den mittlerweile fristlos gekündigten Chef der Caritas-Trägergesellschaft (CTT) ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Verdachts der Untreue. Auch die Klinik Rose AG, eine Tochtergesellschaft der CTT, sowie die CTT selbst haben Strafanzeige gegen ihre ehemalige Führungskraft erstattet. Doerfert soll über Mittelsleute Millionen-Schmiergelder in die eigene Tasche umgeleitet haben. Angeblich haben auch andere Geschäftsführer der Caritas Trägergesellschaft von dieser Aktion profitiert, so das Magazin Focus.

Zu allem Übel droht nun auch das Finanzamt, der Caritas-Trägergesellschaft die Gemeinnützigkeit abzuerkennen. Der Grund dafür wäre Doerferts Geschäftsverhalten, das wenig mit Wohltätigkeit und Gemeinnützigkeit zu tun hatte. Der einst vom Trierer Bischof Spital hoch geschätzte Klinik-Manager nutzte beispielsweise die Ärztliche Abrechnung Trier (ÄAT), eine 100 prozentige CTT-Tochter, als Drehscheibe für Millionenkredite. Nach ersten Berechnungen pumpte er mindestens 37,5 Millionen Mark aus der CTT-Kasse zur ÄAT, um das Geld von dort aus weiter zu verteilen. Der Fußballclub Eintracht Trier, dessen Präsident Doerfert war, bekam hierbei u.a. ein Darlehen von 2,1 Millionen Mark und eine Bürgschaft über 0,9 Millionen Mark. Zudem wurden Werbeverträge über 1,4 Millionen Mark gemacht. Doerfert holte sich auch selbst Geld aus der Kasse, angeblich zinslose Darlehen ohne Vertrag. Hier stehen Summen von 1,7 und 2,8 Millionen Mark im Raum, die inzwischen angeblich teilweise wieder zurückgezahlt wurden. (Saarbrücker Zeitung, 9.9.99; Trierischer Volksfreund, 9.9.99; Tageblatt, 23.9.99)

· (2770) Saarbrücken. Als "schlimm" und "manipuliert" hat die frühere Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Rita Waschbüsch, die angeblichen Marienerscheinungen im saarländischen Marpingen [siehe die Reportage in der vorliegenden MIZ] bewertet. "Was hier geschieht, ist schlimm, weil es die Religion in Verruf bringt", sagte Waschbüsch im Saarländischen Rundfunk. Die Marienfrömmigkeit der Katholiken werde "missbraucht". Waschbüsch, die selber im Saarland beheimatet ist, sagte dazu in dem Radiointerview, der Marpinger Kapellenverein wolle offensichtlich einen Pilgerort schaffen. Dabei scheine vieles manipuliert, betonte sie. Sie forderte den Verein auf, die noch ausstehende Entscheidung einer vom Trierer Bischof Hermann Josef Spital eingesetzten Untersuchungskommission abzuwarten. Die angeblichen Verkündigungen Marias, so Waschbüsch, bestünden allesamt nur aus "Alltagsweisheiten". Zu befürchten sei, dass viele kritisch denkende Christen sich von den Vorkommnissen in Marpingen abgestoßen fühlen und sich vom Glauben abwenden. Zugleich fürchte sie, dass "wohlmeinende gläubige Christen in die Irre geführt werden". (Stuttgarter Nachrichten, 20.10.99)

Anm. MIZ: Frage an Frau Waschbüsch: Wie trennt man "echte" von "manipulierten" Marienerscheinungen? Haben MarienseherInnen jemals etwas anderes vernommen als Alltagsweisheiten? Nein, die Protokolle der Marpinger Erscheinungen unterscheiden sich nicht einen Deut von den Protokollen anderer Erscheinungen. Sie sind durchaus authentische Zeugnisse - nicht für die Allgegenwart "Unserer Lieben Frau", sondern für den Jahrhunderte überdauernden, kläglichen Geisteszustand ihrer treusten AnhängerInnen.

· (2771) Potsdam. Die Zukunft des Unterrichtsfachs Lebenskunde-Ethik-Religionskunde (LER) und des Religionsunterrichts an den Brandenburger Schulen ist weiterhin ungewiss. Im Rahmen der Koalitionsverhandlungen in Brandenburg haben sich SPD und CDU nach Darstellung von CDU-Landeschef Jörg Schönbohm darauf verständigt, erst nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts neu zu verhandeln. Der Karlsruher Richterspruch wird erst im nächsten Jahr erwartet.

Damit bleibt vorerst alles beim alten: LER wird weiterhin als Wahlpflichtfach unterrichtet, während die Teilnahme am Religionsunterricht freiwillig ist. Nach dem Urteil soll "auf der Basis des Staatsvertrags" eine einvernehmliche Lösung gefunden werden, sagte Schönbohm. Ziel der Union sei es, dass Religionsunterricht wie LER als Wahlpflichtfach festgeschrieben wird. (Berliner Morgenpost, 26.8.99; 27.9.99)

· (2772) Wiesbaden. Die Bibelkenntnisse von Protestanten und Katholiken in Deutschland sind äußerst gering. Dies stellte das Meinungsforschungsinstitut Enigma (Wiesbaden) bei einer Befragung im Auftrag der EKD-Initiative "Brücken bauen" fest. Zwei Drittel der evangelischen und katholischen Kirchenmitglieder können keinen einzigen Bibelvers aufsagen. Die Studie ergab auch, dass 14 Prozent der Protestanten und acht Prozent der Katholiken nicht einmal ein Kirchenlied kennen. 58 Prozent der befragten Kirchenmitglieder bezeichneten sich als Christen. Zwei Drittel wurden als "kirchendistanziert" eingestuft, da sie angaben, mit der Kirche nur "etwas" oder "gar nicht" verbunden zu sein. Ein Fünftel der Befragten gab an, nie zu beten. Katholiken beten häufiger als Evangelische und Frauen öfter als Männer. Die Aufgeschlossenheit für Glaubensinhalte ist der Studie zufolge auch eng mit dem allgemeinen Ansehen der Institution Kirche verknüpft. "Wenn die Kirche die christliche Botschaft überzeugend weitergeben will, muss sie sich stärker um ihr Image bemühen", folgerten der Planungsreferent im EKD-Kirchenamt, Oberkirchenrat Rüdiger Schloz, und der Projektleiter von "Brücken bauen", Michael Mädler. (idea-spektrum 38/99)

· (2773) Hamburg. Erstmals in Hamburg wird eine Muslimin mit Kopftuch in den Schuldienst übernommen. Noch letztes Jahr verbot die Schulbehörde in Baden-Württemberg einer Muslimin, ihren Beruf als Lehrerin auszuüben, weil diese im Unterricht ein Kopftuch tragen wollte. Sogar Baden-Württembergs Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU) äußerte sich kritisch zu dieser Entscheidung. Er war der Meinung, dass es "darauf ankommt, was ein Mensch im Kopf hat, und nicht, wie er diesen bedeckt". (taz, 18.8.99)

 

· (2774) Iserlohn/Oestrich. Am St.-Elisabeth-Hospital in Iserlohn ist einer Schwesternschülerin gekündigt worden, weil sie zu einer evangelischen Freikirche übergetreten ist. Die junge Frau war nach ihrer Heirat zum Glauben ihres Ehenmannes konvertiert und daraufhin von der Leitung des Krankenhauses vor die Alternative gestellt worden, wieder in die katholische Kirche einzutreten oder ihren Ausbildungsplatz zu verlieren.

Unter Hinweis auf die "Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse" wurde der Schwesternschülerin daraufhin die Kündigung ausgesprochen. In einer Erklärung schreibt der Geschäftsführer Werner Siepermann in bestem Bürokratendeutsch: "Die Personalleitung unseres Hauses weist betroffene Mitarbeiter auf die Konsequenzen ihrer Handlung hin und gibt Gelegenheit, die Entscheidung zu überdenken." Auf den Widerspruch, warum in diesem Fall ein Exempel statuiert wurde, während ansonsten im St.-Elisabeth-Krankenhaus sowohl evangelische als auch andersgläubige Ärzte sowie Pflege- und Verwaltungskräfte beschäftigt sind, ging die Leitung des Krankenhauses nicht ein.

Auch in Oestrich hat im Juli ein besonders krasser Fall von "Tendenzschutz" stattgefunden. Nach 18 Dienstjahren im katholischen Kindergarten wurde einer 40jährigen Erzieherin fristlos gekündigt. Die Frau hatte einen geschiedenen Mann geheiratet. Da die Ehe nur vor dem Standesamt geschlossen wurde (die katholische Kirche weigert sich, Geschiedenen für eine zweite Ehe ihren erneuten Segen zu geben), sah Pastor Helmut Malorny den Arbeitsvertrag, der ein Leben nach den Vorgaben der Kirche vorsieht, verletzt und sprach die Kündigung aus. Obwohl sich die Eltern der betreuten Kinder für die Erzieherin ausgesprochen hatten, lehnte der Kirchenvorstand jede Verhandlung über einen Kompromiss ab. (Iserlohner Kreisanzeiger, 10.7.99)

· (2775) Grafing. Nach 200 Jahren hat sich die Stadt Grafing für 11.600 Mark aus einer Verpflichtung zur Holzlieferung an den örtlichen Pfarrer freigekauft. 1799 hatte die Kirche ein Stückchen Wald verloren, woraufhin die Gemeinde zusagte, "auf ewig" jährlich eine ansehnliche Menge Brennholz zur Verfügung zu stellen. 1967 war das "Reichnis" in eine Geldzahlung, deren Höhe sich am Holzpreis orientiert, umgewandelt worden.

Als die Diözese wegen des gestiegenen Holzpreises nun eine Verdoppelung der jährlichen Zuwendungen forderte, versuchte die Gemeinde, aus dem Uralt-Vertrag herauszukommen. "Keine Chance", lautete die Auskunft des Gemeindetages, jene Vereinbarungen würden auch bei "völliger Veränderung der Rechtsverhältnisse" nicht erlöschen. Da auch eine von einigen Stadträten angestrebte Rückverwandlung zur Naturalienlieferung vertraglich ausgeschlossen war, blieb der Kommune nichts anderes übrig als sich zum 18,6-fachen Satz des Jahresbetrags freizukaufen. (Süddeutsche Zeitung, 31.5.1999)

Anm. MIZ: Solche auf die Zeit der Säkularisierung zurückgehenden Zahlungen der öffentlichen Hand an die Kirchen gibt es noch heute zuhauf. Die auf diese Weise in die Kasse der Kirchen fließende Summe ist schwer abzuschätzen, dürfte aber nicht unerheblich sein.

 

 

Österreich

· (2776) Wien. Ein katholischer Geistlicher (33) ist in Österreich unter dem Verdacht, einem Kinderpornografie-Ring anzugehören, verhaftet worden. Der Religionslehrer in einem oberösterreichischen Internat sei ertappt worden, als er gerade in einschlägigen Bereichen des Internets surfte, berichtete die Polizei. Auf seine Spur sei man nach der Verhaftung von zwei

Männern in Wien gekommen. Die Männer stehen im Verdacht, Kinderpornografie im Internet verbreitet zu haben. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Geistliche auch tätliche Übergriffe auf Jugendliche begangen habe, sagte der Präsident des Landesschulrates für Oberösterreich, Johannes Riedl. (Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 9.8.99)

 

 

Frankreich

· (2777) Paris. Ein Verbot der Scientology-Organisation fasst die französische Justizministerin Elisabeth Guigou ins Auge. "Es ist klar, dass diese Sekten und besonders Scientology extrem mächtig sind und sich auf finanzielle und wirtschaftliche Netze stützen, die ihnen beachtliche Handlungsmöglichkeiten geben", betonte Guigou.

Sie erwarte Vorschläge von der Sektenkommission der Regierung. Französischen Rundfunkberichten zufolge kamen bei Gerichten im nordfranzösischen Caen und ostfranzösischen Verdun weitere Akten für Prozesse gegen Scientology-Mitglieder abhanden. Zuvor war bekannt geworden, dass Prozess-Akten von zwei Verfahren gegen Scientology-Mitgliedern in Paris und Marseille verschwunden sind. (Frankfurter Rundschau, 10.9.99)

 

 

Großbritannien

· (2778) London. Mit einer ungewöhnlichen Werbekampagne versuchen die Kirchen in England, mehr Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit zu erlangen. Auf einem Plakat, das Leonardo da Vincis "Das letzte Abendmahl" nachempfunden ist, wird Jesus im Maßanzug auf einer Sitzung als Manager eines Großunternehmens gezeigt.

Die bekanntesten Unternehmen Großbritanniens übernehmen den Part der zwölf Jünger am großen Konferenztisch: Während sie sich in der Runde mit ihren Firmen-Logos vorstellen, hat der "Sprecher" vorne an der Tafel das wohl bekannteste Markenzeichen der Welt auf seinem Kärtchen - das Kreuz. Der Werbeslogan stammt aus einem Beatles-Song: "All You Need Is Love".

"Mit der Überarbeitung des berühmten Gemäldes wollen wir einfach die zentrale Botschaft einer 2 000 Jahre alten Geschichte neu erzählen", sagte Jackie Sheppard, Vorsitzende der "Kirchlichen Werbegemeinschaft" (CAN) bei der Vorstellung der landesweiten Kampagne. Pastor Peter Owen-Jones aus Cambridge meinte begeistert: "Warum sollte immer nur der Teufel die besten Bilder haben?" (Bonner Generalanzeiger, 16.9.99)

 

 

Schottland

· (2779) Dublin. Die katholische Kirche in Schottland ist in Kritik geraten, da sie ein zwölf Jahre altes Mädchen finanziell unterstützt, um es von einer Abtreibung abzuhalten. Als Bestechung haben Gruppierungen, die sich für das Recht auf Abtreibung einsetzen, die Handlungsweise der katholischen Kirche im Oktober verurteilt. Sozialarbeiter und Lehrer hatten der Schülerin wegen ihres Alters zu einer Abtreibung geraten. Die Kirche verteidigte jedoch ihre Entscheidung. "Es ist wichtig, dass es diese Hilfe für jeden gibt, unabhängig vom Alter", so ihr Sprecher. "Ein Menschenleben ist nun mal ein Menschenleben." Kardinal Thomas Winning, das Oberhaupt der 750 000 schottischen Katholiken, hatte vor zwei Jahren ein finanzielles Hilfsprogramm zur Verhinderung von Abtreibungen gegründet. (WAZ, 12.10.99)

 

 

Schweden

· (2780) Stockholm. Sie sind ein Wirtschaftsunternehmen und benötigen einen Geistlichen für die seelische Gesundheit ihrer Mitarbeiter? Kein Problem - zumindest nicht mehr in Schweden. Dort vermietet eine Pfarrerin Seelsorger an Unternehmen, die religiösen Beistand brauchen. Wie die Wirtschaftszeitung "Dagens Industri" berichtete, wurde die Agentur von der schwedischen Pfarrerin Louise Linder (Stockholm) gegründet, die drei Jahre auch als Geistliche für das Telekommunikationsunternehmen Ericsson gearbeitet hat. Der Großteil der Arbeit bestehe darin, Angestellten in ethischen Fragen und bei persönlichen Problemen beizustehen und den Unternehmen beim Krisenmanagement zu helfen. Die Agentur kann nach Linders Angaben derzeit sechs Geistliche vermieten. (idea-spektrum, 6.8.99)

 

 

Italien

· (2781) Rom. Im Orden der Karmeliterinnen erwartet Novizinnen vor der Aufnahme ins Kloster eine ungewöhnliche Prüfung: Die heiligen Schwestern bitten ihren potentiellen Nachwuchs zum Psycho-Test. Damit solle geprüft werden, ob die Bewerberin wirklich einer göttlichen Berufung folge, berichtete die italienische Zeitung "La Repubblica". "Wenn es Tests für die Aufnahme in eine Firma, Universität oder Fabrik gibt, warum dann nicht auch in einem Kloster", sagte Schwester Anna vom Kloster "Tre Madonne" in Rom. An alle 641 Abteien des Ordens wurde eine Broschüre verschickt, in der vor Bewerberinnen gewarnt wird, die lediglich aufgrund privater Probleme in das klösterliche Leben flüchten wollen. Die Anwendung des Psycho-Tests sei jedem Kloster aber freigestellt. (Berliner Morgenpost, 2.8.99)

· (2782) Rom. Die jüngsten Papst-Worte, wonach Sex Krebs erzeugen könne, haben in Italien Unverständnis und teilweise Empörung ausgelöst. "Das ist mir neu", kommentierte ein Sprecher der nationalen katholischen Ärzte-Vereinigung. Krebsspezialist Prof. Ferdinando Aiuti sagte: "Es ist schon sehr hart, Krebs mit Geschlechtsverkehr in Verbindung zu bringen. Aus wissenschaftlicher Sicht muss man hinzufügen, dass sich Krebs nicht durch Geschlechtsverkehr überträgt."

Die italienische Homosexuellen-Organisation sprach von "der üblichen Sexualangst des Vatikans". Papst Johannes Paul II. (79) hatte vor Krebsspezialisten gesagt, "Krebs kann die Folge menschlichen Verhaltens sein, einschließlich mancher Sexualpraktiken". Welche Praktiken er meinte, das verschwieg der Papst. (Frankfurter Neue Presse, 2.10.99)

 

 

 

Vatikan

· (2783) Vatikanstadt. Nachdem die Jesuiten gerade die Hölle für abgeschafft erklärten, verkündet der Papst , es gebe nicht nur das Paradies und die Hölle, sondern auch das Fegefeuer. Dieses sei kein realer Ort, so das Oberhaupt der katholischen Kirche im August bei der Generalaudienz im Vatikan. Das Fegefeuer sei eher als Seelenzustand nach dem Tod zu verstehen und erwarte diejenigen, die im Moment des Todes zwar eine "Öffnung zu Gott" vollzogen, diese aber nicht vollständig erreicht hätten. Der Weg zur Glückseligkeit im Paradies erfordere eine "vollständige Läuterung". Dabei könnten die Gebete der Lebenden helfen. "Jede Spur vom Bösen muss eliminiert, jede Deformation der Seele korrigiert werden."

Nach den Worten des Papstes existieren auch Paradies und Hölle, allerdings ebenfalls nicht als reale Orte. Die Verdammnis sei mit einem Zustand des Unglücks, das Paradies mit einem Zustand der Glückseligkeit vergleichbar. Es befinde sich nicht "zwischen den Wolken".

"Es ist nicht Gott, der den Menschen zur Hölle verdammt, es ist der Mensch, der sich selbst zur ewigen Verdammnis verurteilt", erklärten demgegenüber die Jesuiten in der italienischen Jesuiten-Wochenzeitung "Civiltà Cattolica". Die Zeitschrift bedauerte, dass die Kirche in der Vergangenheit allzu sehr bestrebt war, die Gläubigen mit dem Bild einer brennenden Hölle in Schrecken zu versetzen. (Spiegel online, 5.8.1999)

Anm. MIZ: Es war nicht nur die Kirche, die die Gläubigen mit der ewig brennenden Höllenpein ängstigte. Sie hatten ein prominentes Vorbild, Jesus Christus höchst daselbst. In Mt 13,49-50 z.B. beauftragt der Menschensohn seine Engel mit der Selektion an der himmlischen Rampe, wo sie "die Bösen von den Gerechten trennen und in den Ofen werfen, in dem das Feuer brennt", so dass sie "heulen und mit den Zähnen knirschen." Ohne Hölle kein Christentum, da hat der Papst durchaus Recht. Fragt sich nur, was die Jesuiten in die Verzweiflungstat trieb, das Kernstück der christlichen Theologie, die Hölle, in Frage zu stellen. Etwa die Angst vor dem Opus Dei, dessen Mitglieder nicht nur theoretisch viel über die Hölle zu wissen scheinen, sondern selbige hiernieden auch gerne in die Praxis umsetzen?

· (2784) Vatikanstadt. Katholiken und Juden wollen nun gemeinsam die Rolle der Kirche während des Dritten Reiches untersuchen. Aus diesem Grund sollen veröffentlichte Dokumente aus den Archiven der Kirche erneut geprüft werden, teilte der Vatikan im Oktober mit.

Auf diese Vorgehensweise einigten sich das Internationale Jüdische Komitee für Interreligiöse Fragen (IJCIC) und der katholische Kirchenstaat. Drei jüdische und genauso viele noch nicht benannte katholische Wissenschaftler sollen die Untersuchung leiten. Entfacht wurde eine erneute Diskussion über die Rolle der Kirche in der NS-Zeit durch das Buch des britischen Katholiken John Cornwell über Papst Pius XII. In seiner Abhandlung stellt Cornwell das damalige Kirchenoberhaupt als Nazi-Kollaborateur dar. (Aol-NewsBote, 19.10.99)

 

Griechenland

· (2785) Athen. Die Mönche des bekannten griechischen Klosters auf der Insel Patmos sind wegen illegaler Geldgeschäfte in Verruf geraten. Sie sollen Ländereien, die dem Kloster gehören, an Privatleute verkauft und dabei rund 3,3 Milliarden Drachmen in die eigene Tasche gewirtschaftet haben. Eine Gerichtsvorverhandlung gegen den Abt und einige Ordensbrüder begann bereits im August, wie der griechische Rundfunk meldete. Das geistliche Oberhaupt der Orthodoxen Kirche, Patriarch Vartholomaios von Istanbul, habe den Abt vorübergehend abgesetzt.

Das Johannes-Kloster gilt als eine der heiligsten Stätte Griechenlands. Auf Patmos soll der Apostel Johannes die Offenbarung - das letzte Kapitel der Bibel - geschrieben haben. Das Leben der rund 1 000 Einwohner und der 80 Mönche der Insel ist seit Jahrhunderten eng mit dem Kloster verbunden. Der größte Teil von Patmos gehört zum Grundbesitz des Klosters.

Mehr als 300 000 Gläubige und Touristen besuchen jährlich die Insel. In den vergangenen Jahren hat auch der Jet-Set von Athen die Insel entdeckt. Wie die Lokalpresse schreibt, sei "die Versuchung für die Mönche zu groß" gewesen. Angeblich werde starker Druck auf sie ausgeübt, die Einschränkungen zu lockern und die klösterlichen Ländereien zu verkaufen. (Yahoo-Schlagzeilen, 12.8.99)

· (2786) Athen. Die Führung der autonomen Mönchsrepublik Athos hat sich gegen einen offiziellen Besuch des Papstes in Griechenland ausgesprochen. Das Oberhaupt der katholischen Kirche könne nur als Privatmann oder Pilger, nicht aber als Staatsoberhaupt das Land besuchen. Das haben die Äbte der 20 Klöster der Mönchsrepublik einstimmig beschlossen, wie die griechische Presse Anfang September berichtete.

Der Papst habe sich nicht für die Verbrechen der Kreuzritter gegen orthodoxe Christen entschuldigt, heißt es in einer Erklärung des Vorstandes der autonomen Mönchs-Republik Athos. Außerdem warf die Führung des Landes dem Oberhaupt der katholischen Kirche vor, dass er mit Hilfe der Bewegung der unierten Kirchen versuche, in Osteuropa einzudringen..In einem Brief an die orthodoxen Kirchen des östlichen Mittelmeeres hatte der Papst im Juni bekannt gegeben, dass er im Jahre 2000 eine Reihe von heiligen Stätten im östlichen Mittelmeer - darunter auch einige in Griechenland - besuchen wolle. (Yahoo-Schlagzeilen, 5.9.99)

 

 

Polen

· (2787) Warschau. In den protestantischen Kirchen Polens gibt es eine Tendenz zu einer konservativen Hochkirchlichkeit, die sich an der römisch-katholischen Kirche orientiert. Dies gab der Direktor des Polnischen Ökumenischen Rates (PÖR), Andrzej Wojtowicz, bekannt. Dahinter stehe mehr oder weniger der Wunsch der protestantischen Kirchen, an dem Glanz der römisch-katholischen Kirche teilzuhaben. "Es ist der Versuch, sich zu katholisieren", stellte Wojtowicz fest. Diese Denkweise verhindere aber "den Demokratisierungsprozess in der Kirche, den wir dringend benötigen."

"Wir müssen lernen, dass sich soziale Aktivitäten in ihrer Wirkung nicht nur auf die Mitglieder der eigenen Konfession beschränken dürfen, sondern unabhängig von der Religionszugehörigkeit zu gewähren sind." Als Schwierigkeit auf dem Weg der kirchlichen Zusammenarbeit in Polen sieht der PÖR-Direktor "die Konfrontation mit einem neuen Nationalismus, der oft kirchlich untermauert wird." (Reformierte Presse, 29.7.99)

 

Russland

· (2788) Moskau. Die jüngsten Terror-Anschläge auf Wohnhäuser in Moskau sowie die Kämpfe in Dagestan sind für Experten klare Hinweise auf eine verstärkte Aktivität islamischer Fundamentalisten in der früheren Sowjetunion - vermutlich mit ausländischer Unterstützung. Uwe Halbach vom Bundesinstitut für ostwissenschaftliche und internationale Studien geht davon aus, dass die Rebellen in Dagestan und im benachbarten Tschetschenien engen Kontakt zu islamistischen Gruppen im Ausland halten. Der Leiter des Deutschen Orient-Instituts in Hamburg, Udo Steinbach, ergänzt, es sei zu vermuten, dass im Dagestan-Konflikt saudiarabisches Geld im Spiel sei. Auch in Mittelasien ist nach Einschätzung von Experten in jüngster Zeit ein verstärkter Einfluss aus dem Ausland zu beobachten.

Einer der Kommandeure der Moslem-Rebellen in der russischen Föderationsrepublik Dagestan sei der aus Jordanien stammende Chattab, der schon im Tschetschenien-Krieg 1994 bis 1996 gekämpft habe, sagt Halbach. Damals hat Russland die Kontrolle über diese Republik weitgehend verloren. Von der Bevölkerung Dagestans würden die aus Tschetschenien kommenden Rebellen kaum unterstützt; ihren Nachschub erhielten sie meist aus dem benachbarten Tschetschenien. Wie Halbach hinzufügt, habe nicht zuletzt deshalb die russische Luftwaffe vermutete Ausbildungslager für Terroristen in dieser Republik bombardiert. Die Vermutung läge auf der Hand, dass die beiden Anschläge auf Wohnhäuser in Moskau mit zusammen rund 200 Toten Racheakte tschetschenischer Extremisten seien.

Als Hauptmotiv für eine ausländische Unterstützung der Rebellen in Dagestan und moslemischer Oppositioneller in den anderen Staaten der Region sehen Experten Bestrebungen zur Islamisierung. Die Unterstützung des Islam im Kaukasus und in anderen Teilen der früheren Sowjetunion gehöre zur Außenpolitik Saudi-Arabiens, sagt Halbach. Dazu zählt auch der Bau von Moscheen und Koran-Schulen sowie die Vergabe von Stipendien an Studenten. (Hamburger Abendblatt, 15.9.99)

 

 

Nordamerika

USA

· (2789) Washington. Die USA haben die "Sektenfilter" kritisiert, mit denen sich deutsche Firmen und Behörden gegen die Unterwanderung durch Scientology schützen wollen. Die Erklärungen, welche von Mitarbeitern verlangt würden, seien diskriminierend, hieß es in einem Lagebericht des US-Außenministeriums zur weltweiten Religionsfreiheit, der in Washington veröffentlicht wurde. Die Zahl der in Deutschland lebenden Scientologen wurde mit etwa 8000 angegeben. Beschwerden von Scientology über ihre Behandlung in Deutschland hatten jahrelang zu Verstimmungen zwischen der Bundesregierung und US-Regierungsstellen geführt. Anders als in Deutschland ist die Organisation in den USA als Kirche anerkannt. Der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz kam kürzlich zu dem Schluss, die Gefährlichkeit von Scientology sei hierzulande überschätzt worden. (Frankfurter Rundschau,10.9.99)

· (2790) Kansas. Wieder sind die USA dem Gottesstaat einen Schritt näher gerückt. Trotz gegenteiliger Empfehlungen eines 27-köpfigen Komitees aus Lehrern und Wissenschaftlern wurden im US-Bundesstaat Kansas neue Schulrichtlinien verabschiedet. Sie erlauben den 302 Schulbezirken des Landes, anstelle der Evolutionstheorie den Kreationismus zu unterrichten.

Auch andere Bundesstaaten haben aufgrund des Drucks religiös-fundamentalistischer Pressure-Gruppen bereits vergleichbare Gesetze verabschiedet, so z.B. Alabama, wo Schulbücher mit der Evolutionslehre den Vermerk tragen müssen, dass es sich dabei "nur um eine Theorie" handle und es "andere ebenso zwingende Berichte" gebe (welche "Berichte" damit gemeint sind, kann jeder im Buch Genesis der Bibel nachlesen). Mark Looy von der Gruppe "Answers in Genesis" sieht in der Evolutionstheorie dann auch die Ursache für Mord- und Totschlag: "Sie erzeugt ein Gefühl von Sinnlosigkeit und Hoffnungslosigkeit, welches, denke ich, zu Dingen wie Schmerz, Mord und Selbstmord führt." (Der Humanist, 12.8.99; American Atheist Newsletter, 12.8.99)

· (2791) Minnesota. Der Gouverneur des US-Bundesstaats Minnesota, Jesse Ventura, ist wegen religionskritischer Äußerungen unter Beschuss religiöser Fundamentalisten geraten.

In einem Interview mit dem Playboy hatte er organisierte Religionen als "Heuchelei" und als "Krücke für die geistig Armen" bezeichnet. Zudem bringe Religion Menschen dazu, sich in die Angelegenheiten anderer einzumischen. Ferner sprach er sich für die Legalisierung von Drogen und Prostitution aus. Für die gesellschaftliche Verdammung von Prostitution machte er Religionen verantwortlich. Und er sprach sogar die offensichtliche, aber unaussprechliche Tatsache aus, dass der 1963 erschossene US-Präsident John F. Kennedy Opfer einer Verschwörung im "militärisch-industriellen Komplex" wurde. In seinem Buch "I Ain't Got Time to Bleed" ("Ich hab' keine Zeit zu bluten") gibt er freimütig den Konsum von Marihuana und Alkohol und den Besuch einer Prostituierten zu. Als das Interview bekannt wurde, erfolgten öffentliche Angriffe und Rücktrittsforderungen. Konservative Pressure-Groups wie die Catholic League for Religious and Civil Rights zeigten sich empört: "Freiheit ohne religiöse Basis ist die wahre Heuchelei" und sprachen von einem "anti-religiösen, intoleranten Menschen, in Unkenntnis religiöser Traditionen". Im Gegenzug riefen Säkularisten dazu auf, Ventura den Rücken zu stärken. (American Atheist Newsletter, 1./3.10.99)

· (2792) Iowa. Ein Obdachlosenheim in Des Moines, Iowa, könnte die finanzielle und freiwillige Unterstützung einer örtlichen katholischen Kirchengemeinde verlieren, weil es an Obdachlose Kondome verteilt. Mit dieser Aktion möchte die Einrichtung im Rahmen eines Gesundheitsprogramms die Gefahr der Übertragung von Sexualkrankheiten eindämmen. Priester Frank Chiodo von der Basilika des Heiligen Johannes, eine der Kirchen, die das Obdachlosenheim vor acht Jahren gründeten, hatte sich bei dessen Verwaltungsrat wegen der Kondome beschwert. Es sei nicht eine Frage der Geburtenkontrolle, er habe auch nicht das Recht, Nicht-Katholiken Geburtenkontrolle vorzuenthalten. Sein Einwand gegen Kondome bestünde darin, dass sie "das Mittel" seien, um "suchtartiges, krankhaftes Verhalten fortzuführen". (Der Humanist, 15.9.99; The Advocate, 24.8.99)

Anm. MIZ: Priester Chiodo scheint der Prototyp des katholischen Priesters zu sein. Nicht nur, dass er in der Sexualität eine große Gefahr sieht, sein ganzes Auftreten verrät ihn als wahren Katholiken: Wenig beisteuern, aber große Reden schwingen. Der Beitrag von Chiodos Kirchengemeinde zum Budget des Obdachlosenheims beläuft sich auf weniger als 10 Prozent...

 

Asien

Iran

· (2793) Teheran. Der Herausgeber der verbotenen Teheraner Zeitung "Salaam", Ajatollah Mohammed Mussawi-Choiniha, ist von einem iranischen Sondergericht der Geistlichkeit im August zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden. Choiniha wurden außerdem alle publizistischen und öffentlichen Tätigkeiten für fünf Jahre untersagt. Das Gericht hatte den Herausgeber des liberalen und dem Staatspräsidenten Mohammed Chatami nahe stehenden Blattes für schuldig befunden, ein vertrauliches Geheimdienst-Papier über eine Serie von Anschlägen auf Dissidenten und Schriftsteller im vergangenen November veröffentlicht zu haben. Das Verbot von ¸¸Salaam" hatte Anfang Juli die bisher schwersten Studentenunruhen seit 20 Jahren in Iran ausgelöst. (Stuttgarter Zeitung, 6.8.99)

· (2794) Teheran. Auch der Herausgeber der verbotenen reformorientierten Tageszeitung Neshat ist im Iran wegen der Verletzung des Islam schuldig gesprochen worden. Latif Safari habe den Islam, den Polizeichef des Landes und konservative Parlamentsmitglieder beleidigt und die Öffentlichkeit sowie Studenten zur Rebellion und zum Streik angestiftet, urteilte das Teheraner Pressegericht einstimmig. Das Strafmaß war noch nicht bekannt. (taz, 22.9.99)

 

Indien

· (2795) Neu-Dehli. Dem Indischen Pressetrust zufolge wurde in Südindien ein drei Jahre altes Mädchen geopfert, um eine Hindugöttin zu besänftigen und einer Gruppe von Lohnempfängern zu Wohlstand zu verhelfen. Die Polizei ist der Meinung, dass Arbeiter in einem Steinbruch das Kind entführten und es der Göttin Kali als "Blutopfer" darbrachten. Ihr enthaupteter Körper wurde nahe einer Maschine zum Zerkleinern von Steinen gefunden. Nach Auskunft der Polizei war der Bereich mit Blumen, Kokosnüssen und anderem rituellen Gegenständen geschmückt. Sie wurde offenbar geopfert, um die Göttin zu besänftigen und Wohlstand zu erbitten. Die Täter hätten das Mädchen seiner Mutter weggenommen. Es gab keine Verhaftungen. (Frankfurter Rundschau, 25.8.99; American Atheist Newsletter 29.8.1999)

· (2796) Neu Delhi. Papst Johannes Paul II. soll sich für Zwangsbekehrungen in Indien entschuldigen. Dies forderte der fundamentalistische "Welt-Hindu-Rat" VHP Anfang Oktober. Außerdem dürfe die indische Regierung den Papst bei seinem Besuch im November nicht als Staatsgast willkommen heißen, wenn dieser in religiöser Funktion das Land besuche.

In Goa an der indischen Westküste sei ein Teil der Bevölkerung unter portugiesischer Kolonialherrschaft gezwungen worden, zum Christentum überzutreten. Der VHP wirft christlichen Kirchen seit langem vor, in Indien mit großem finanziellen Aufwand zu missionieren, um das Christentum im Land zu verbreiten. Außerdem haben Hindu-Fundamentalisten die Kirche vor dem Papst-Besuch in Indien verdächtigt, dass Land spalten zu wollen. "Der Aufruhr im Nordosten wird von der Kirche unterstützt", sagte der Generalsekretär des "Welt-Hindu-Rates" VHP, Praveen Togadia, der indischen Zeitung "Asian Age" im Oktober Die katholische Kirche fördere Separatisten im Nordosten Indiens. Zugleich verurteilte der VHP den Anspruch der katholischen Kirche, sie weise den einzigen Weg zur Erlösung.

Fanatische Hindu-Gruppen hatten Anfang des Jahres im Bundesstaat Gujarat zahlreiche Kirchen in Brand gesteckt und in Orissa im Osten Indiens einen australischen Missionar, der eine Lepra-Station betrieb, zusammen mit seinen Kindern bei lebendigem Leib verbrannt. Außerdem sind drei christliche Prediger in Indien wegen angeblicher Agitation gegen den Hinduismus vorübergehend festgenommen worden.

Indien erwartete den Papst Anfang November zu einer Synode asiatischer Bischöfe. In einer Erklärung des VHP-Funktionärs Madhab Ghungurde heißt es, der Besuchstermin sei in der Erwartung festgelegt worden, dass die aus Italien stammende Oppositionsführerin Sonia Gandhi im November Regierungschefin sei. Das berichtete die indische Zeitung "Asian Age" im Oktober.

Sonia Gandhi ist die Witwe des ermordeten früheren Regierungschefs Rajiv Gandhi und bekennt sich nicht mehr öffentlich zu ihrer christlichen Herkunft. Während des Wahlkampfs war sie jedoch vor allem von Hindu- Parteien als "Ausländerin" angegriffen worden. Sie hatte die Wahl gegen Regierungschef Atal Behari Vajpayee von der hinduistischen Volkspartei BJP verloren. (Aol-NewsBote, 25.10.99)

· (2797) Kalkutta. Die Seligsprechung von Mutter Teresa ist nach Ansicht des katholischen Erzbischofs von Kalkutta, Henry D'Souza, nur noch eine Frage der Zeit. Wie D'Souza erklärte, habe er keine Zweifel daran, dass die Seligsprechung sehr bald vorgenommen werde. Nach katholischer Tradition gilt die Seligsprechung als Vorstufe zur Heiligsprechung.

Der Erzbischof nahm den Orden Mutter Teresas, die Missionarinnen der Nächstenliebe, gegen Kritik in Schutz, dass es bei der Seligsprechung vor allem um Spendengelder gehe.

Papst Johannes Paul II. hatte im Fall Mutter Teresas das Kirchenrecht außer Kraft gesetzt, wonach das Verfahren erst fünf Jahre nach ihrem Tod hätte beginnen dürfen. Mit der Sondergenehmigung könne es bereits in einem, aber auch erst in zwei bis drei Jahren abgeschlossen sein, so der Erzbischof. Als Grund für das unübliche Vorgehen gab er an, dass möglichst viele Beweise zusammengetragen werden sollten. "Viele Zeugen könnten sterben", sagte er. Außerdem gebe es weltweiten Druck, Mutter Teresa heilig zu sprechen. (Frankfurter Rundschau 6.8.99; Aol-NewsBote, 25.8.99)

 

Anm. MIZ: Mutter Teresa ist in der Tat eine wunderbare katholische Scheinheilige, die es wahrhaft verdient hat, in Rekordgeschwindigkeit seliggesprochen zu werden (siehe die entsprechenden Beiträge in dieser Ausgabe der MIZ).

 

China

· (2798) Hongkong. Der Vatikan und die Volksrepublik China wollen bis zum Ende des Jahres ihre diplomatischen Beziehungen wieder aufnehmen. Strittige Fragen wie das Verhältnis des Kirchenstaates zu Taiwan sowie die Ernennung eines Bischofs auf chinesischem Staatsgebiet seien in einjährigen Geheimgesprächen gelöst worden, gab die in Hongkong erscheinende chinesischsprachige Zeitung "The Sun" im Oktober bekannt.

Nach den Vereinbarungen soll der Vatikan die Beziehungen zu Taiwan abbrechen, das Peking als abtrünnige Provinz betrachtet. Von den chinesischen Behörden soll ein Bischof in China ernannt werden, was dann vom Heiligen Stuhl nachträglich bestätigt wird. Die Volksrepublik und der Kirchenstaat hatten ihre Beziehungen 1957 abgebrochen, weil der damalige Papst Pius XII. zwei von China ernannte Bischöfe exkommuniziert hatte. Danach nahm der Vatikan diplomatische Beziehungen zu Taiwan auf. (Aol-NewsBote, 25.10.99)

 

 

Indonesien

· (2799) Jakarta. Weil die Welt nicht - wie von ihrem Führer prophezeit - am 9.9.99 unterging, haben Anhänger eines indonesischen Kults drei Glaubensbrüder erschlagen. Der Kultführer selbst wurde schwer verletzt. Er hatte seine Jünger aufgefordert, ihr Hab und Gut zu verkaufen und sich in ihrem Häusern einzuschließen. Vom vermasselten Weltuntergang enttäuschte Jünger stürmten das Haus ihres religiösen Führers und ließen ihrem Unmut freien Lauf. (Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 14.9.99)

· (2800) Ambon. Zu neuen Gewalttaten zwischen Christen und Moslems ist es auf der zu Indonesien gehörenden Molukken-Insel gekommen. Nach Augenzeugenberichten wurden in der Hauptstadt Ambon mindestens vier Menschen getötet, andere Quellen sprechen von zehn Toten. Die Molukken sind seit Jahresbeginn Schauplatz gewalttätiger Auseinandersetzungen zwischen Christen und Moslems. Dabei starben bisher mindestens 300 Menschen. (Radio Vatikan, 25.-27.7.99)

 

Südkorea

· (2801) Seoul. Die christliche Mission an Universitäten findet weltweit immer weitere Verbreitung. Wie auf der Weltversammlung der Internationalen Studentenmission (IFES) bekannt wurde, gibt es jetzt in 141 Ländern christliche Hochschulgruppen. Mit der Aufnahme von 24 neuen Länderbewegungen wurde die bisher größte Zuwachsrate in der 52jährigen Geschichte der IFES verzeichnet. Elf neue Studentenmissionen kommen aus Afrika und acht aus Europa, einschließlich der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS). Wie Generalsekretär Lindsay Brown (London) berichtete, gibt es noch 26 Staaten, in denen die Hochschulen nicht mit der christlichen Botschaft erreicht wurden; davon seien 20 Länder unter islamischer Herrschaft. Er rief die Mitgliedsorganisationen der IFES auf, Mitarbeiter für diese "letzte Grenze christlicher Mission" zur Verfügung zu stellen. (idea-spektrum, 2.8.99)

 

Japan

· (2802) Tokio. Nach einer umfangreichen Kabinettsumbildung im Oktober wird Japan von einer Dreier-Koalition unter Beteiligung der buddhistisch geprägten Komeito regiert. Die bisherige Koalition aus der liberaldemokratischen Partei (LDP) von Ministerpräsident Keizo Obuchi und der Liberalen Partei (LP) holte die Komeito ins Kabinett. Obuchi gab dem neuen Koalitionspartner den Posten des Verwaltungsministers. Damit kontrolliert die Regierung jetzt beide Kammern des Parlaments.

Die Koalitionserweiterung war lange umstritten, da hinter der Komeito, der bisher zweitgrößten Oppositionspartei, die neo-buddhistische Massenorganisation Soka Gakkai stehen soll. Kritiker verdächtigen die Vereinigung totalitärer Tendenzen. Auch die gesetzlich vorgeschriebene Trennung von Politik und Religion wurde als Argument gegen die Koalitionserweiterung genannt. Obuchi hatte jedoch bereits seit vergangenem November mit Blick auf die im Oberhaus bislang fehlende Mehrheit um die Buddhisten gebuhlt. (Aol-NewsBote, 5.10.99)

 

 Afrika

Kenia

· (2803) Nairobi. In Kenia hat sich in den vergangenen Jahren ein Satanskult ausgebreitet, zu dem auch Menschenopfer und Ritualmorde gehören. Selbst in Regierungskreisen soll es Teufelsanbeter geben. Kirchenführer fordern nun eine Sonderpolizei, die den Kult bekämpfen soll. (Westfälische Allgemeine Zeitung, 19.8.99)

· (2804) Nairobi. Akzeptiert wurden sie noch nie, aber jetzt haben die politischen Führer ostafrikanischer Staaten höchstpersönlich eine Kampagne gegen Homosexuelle gestartet. Auslöser der erstarkten Empörung war die Hochzeit zweier Schwuler in Uganda mit einem Kuss in der Öffentlichkeit. Der ugandische Präsident Museveni drängt - mit Hinweis auf seine christliche Erziehung - die Kriminalbehörden zur bedingungslosen Härte: "Spürt sie auf, und werft sie ins Gefängnis."

Auch aus Kenia hört man wieder harsche Töne. Der Staatschef Arap Moi forderte, Männer, die Ohrringe tragen, um damit andere anzulocken, gehörten hinter Gittern. In Kenia lautet die Strafe für Homosexuelle wegen "Vergehens wider die Natur" auf Haft von bis zu 14 Jahren mit körperlicher Züchtigung. Ein Mitglied der Juristenvereinigung in Nairobi berichtet: "Unser Gesetz stammt von 1897 aus Großbritannien. Wir haben es von den Kolonialherren übernommen, und bis heute war niemand mutig genug, eine Änderung zu beantragen. Immer wieder, wenn Menschenrechtler auf die gesellschaftliche Akzeptanz von Schwulen und Lesben drängen, schlagen die Politiker Krach, und die Kirchen stärken ihnen den Rücken."

Im Gegensatz zu südafrikanischen Staaten wie Zimbabwe und Botswana sind Homosexuelle in Kenia völlig unorganisiert. Da nicht ist, was nicht sein darf, gibt es für sie keine Beratungsstellen, keine Treffpunkte, selbst ihren Familien können sie sich nicht anvertrauen. Denn diese wären als Mitwisser verpflichtet, ihre Angehörigen anzuzeigen. Die politischen Führer in Ostafrika sehen gleichgeschlechtliche Liebe als unvereinbar mit Tradition und Religion. Trotz Aids-Epidemie ist sogar Sexualkunde an den Schulen verboten. (humanist.de, 2.11.99; Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 29.10.99)

 

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